Mehr Flexibilität, mehr Geld, Karrierechancen?
Was bringt die generalistische Ausbildung?
2020 wurde die neue, generalistische Pflegeausbildung eingeführt. Die zuvor im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Pflegeausbildungen wurden in einem neuen Pflegeberufegesetz zusammengeführt. Die ersten Absolvent:innen sind dieses Jahr ins Berufsleben gestartet. Zeit für eine erste Bilanz.
Eine attraktivere Ausbildung, verbesserte Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten soll die reformierte Pflegeausbildung bringen. Sie sieht vor, dass alle Auszubildenden im Bereich Pflege zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung erhalten. Für die praktische Ausbildung können sie einen Vertiefungsbereich wählen. Auszubildende, die im dritten Ausbildungsjahr die generalistische Ausbildung fortsetzen, erwerben den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Auszubildende, die ihren Schwerpunkt in der Pflege alter Menschen oder der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sehen, können wählen, ob sie – statt die generalistische Ausbildung fortzusetzen – einen gesonderten Abschluss in der Altenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege erwerben wollen.
Mit der neuen generalistischen Pflegeausbildung sind die Absolvent:innen also flexibler in der Wahl ihres Arbeitsplatzes. Ein Wechsel von einem Pflegedienst für alte oder behinderte Menschen ins Krankenhaus oder in eine stationäre Pflegeeinrichtung und umgekehrt ist damit leichter als bisher – und das europaweit, denn der neue Abschluss wird in allen EU-Staaten anerkannt.
Qualität ist kein Zufall mehr
Die Qualität der Ausbildung habe sich mit der Reform wesentlich verbessert, ist Sarah Groß Heitfeld, Praxisanleiterin in der Sozialstation Sassenberg und Ausbildungsbeauftragte für den CAD-Nordkreis überzeugt: „Es ist kein Zufall mehr, was die Azubis lernen.“ Die neue Ausbildung sehe zehn Prozent „gezielte und geplante Anleitungszeit“ vor. Darin gehe es zum einen um ganz praktische Themen, wie z.B. Wundversorgung, zum anderen aber auch um übergreifende Kompetenzen wie etwa die Kommunikation in der Pflegeberatung und das selbständige Erarbeiten von Wissen.
Nach dem einführenden Blockunterricht in der Pflegeschule gehen alle Azubis für mehrere Wochen beim eigenen Ausbildungsträger in den Orientierungseinsatz – während der gesamten Ausbildung wechseln sich Theorie und Praxiseinsätze ab. Ab dem zweiten Ausbildungsjahr stehen Stationen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder auch Kitas auf dem Programm. „Unsere Azubis erhalten im Rahmen der generalistischen Ausbildung mehr Einblicke in andere Arbeitsbereiche wie etwa Pflegeheime oder Krankenhäuser. Bisher haben sich aber alle dafür entschieden, bei uns in der ambulanten Pflege zu bleiben“, berichtet Groß Heitfeld.
Mit Einführung der generalistischen Ausbildung und der neuen Flexibilität sei die Konkurrenz zwischen Pflegediensten und stationären Einrichtungen um die begehrten Auszubildenden gewachsen, so Groß Heitfeld. „Es hält sich das Vorurteil, dass eine Ausbildung im Krankenhaus vermeintlich spannender und hochwertiger ist als bei uns.“ Tatsächlich biete die Ausbildung im ambulanten Dienst aber entscheidende Vorteile.
Ausbildung 1:1
Anders als in Krankenhäusern oder Pflegeheimen gibt es im ambulanten Dienst seit je her eine Ausbildungsbetreuung eins-zu-eins. „Bis auf die zusätzlichen Dokumentationspflichten und die neue Struktur hat sich bei uns durch die generalistische Ausbildung gar nicht so viel verändert“, meint Groß Heitfeld. „Unsere Azubis waren auch vorher schon immer mit einer ausgebildeten Pflegefachkraft auf Tour und nie allein.“ Zusätzlich zur geplanten Anleitungszeit gebe es so auch zwischendurch immer Gelegenheit, Fragen zu stellen und Geübtes zu wiederholen.
Das bestätigt auch Sabine Pech, Praxisanleiterin in der Sozialstation Liesborn. Sie gehört zur letzten Azubi-Generation vor Einführung der generalistischen Ausbildung. „Ich selbst habe in einem Altenheim meine Pflegeausbildung gemacht“, erinnert sie sich. „Da war ich nach zwei Wochen auf mich allein gestellt.“ Am besten habe ihr im Rahmen ihrer Ausbildung der Praxis-Einsatz bei einem ambulanten Pflegedienst gefallen, weshalb sie nach ihrer Ausbildung auch zur CAD gewechselt sei.
„An die generalistische Ausbildung hatte ich große Erwartungen“, erklärt sie. „Viele Azubis, die aus Krankenhäusern oder Pflegeheimen zu uns kommen, berichten allerdings, dass sie dort schon sehr früh für viele Patient:innen allein zuständig sind.“ Es fehle einfach an Praxisanleiter:innen.
Ihre eigenen guten Erfahrungen aus der Ausbildung in der ambulanten Pflege weiterzugeben, das sei ihr Ziel als Praxisanleiterin, erklärt Pech. „Meine Azubis machen meistens erst einmal große Augen, wenn sie ihre Aufgaben von mir bekommen.“ Schrittweise und sehr strukturiert üben sie ihre Tätigkeiten bei den Patient:innen ein. Und auch die Theorie wie etwa die Dokumentation oder die Kommunikation kommen nicht zu kurz.
Was ein Azubi im Pflegedienst mitbringen sollte? „Ganz viel Empathie, die Fähigkeit, sich auf die Menschen einzulassen“, sagt Pech. Und Groß-Heitfeld ergänzt: „Außerdem sollte man wissen, dass die neue Pflegeausbildung vielseitig und fachlich anspruchsvoll ist.“ Dafür erlerne man einen erfüllenden Beruf, der garantiert nie langweilig werde.